Für jede Klasse ist es spannend, eine Lektüre aus dem Unterricht auch einmal auf der Bühne zu sehen. Diese Gelegenheit bekamen Schülerinnen und Schüler aus dem Berufskolleg in dieser Woche. Gemeinsam besuchten sie im Rahmen des Deutschunterrichts eine Vorstellung des „Woyzeck“ im Badischen Staatstheater.
Die Figur des Woyzeck von Georg Büchner ist ein armer Soldat, der sich mit prekären Jobs über Wasser hält, um seine kleine Familie ernähren zu können. Von seinen Vorgesetzten wird er schikaniert und ausgenutzt. Unter anderem nimmt er an medizinischen Versuchen teil, die ihn jedoch physisch und psychisch zugrunde richten. Als seine Partnerin mit einem anderen Mann anbandelt, eskaliert die Situation. Büchner übt mit seinem Stück eine ganz klare Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen seiner Zeit.
Die Inszenierung am Staatstheater war für die Klasse eine besondere Erfahrung: Die Regisseurin und Drehbuchautorin Anne Habermehl hat die Geschichte in die heutige Zeit übertragen und die Geschlechterrollen getauscht. So erlebten die Zuschauer auf der Bühne eine junge Soldatin, die immer mehr den Bezug zur Realität verliert und um das Sorgerecht für ihr Kind bangen muss. Doch auch die anderen Figuren scheinen an der Gesellschaft zu kranken.
Die moderne Inszenierung bot viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren. Vor allem bewies der Theaterabend, dass Büchners Stück trotz seines Alters von fast 200 Jahren nichts an Aktualität verloren hat.
Was ist der Mensch? – „Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht.“